Grenzwertig – beschreibt den Rückflug heute recht gut zusammengefasst…
Eigentlich wollten wir gestern schon wieder nach Hause, aber das Wetter war so schlecht (und stürmisch), dass wir lieber noch einen Tag in Hamburg geblieben sind. Es gibt schlimmeres… unter der Woche gab es noch Karten für ein Musical, also war uns nicht langweilig. Dennoch mussten wir ja wieder nach Hause. Und zwar relativ bald. Jetzt ist das mit der Get-Homeitis ja so eine Sache, da sind schon viele Unfälle passiert, weil der Pilot unbedingt nach Hause wollte – ich habe allerdings nicht vor, in der Statistik der BFU zu enden, also haben wir schon gestern Abend einen Plan entsprechend der Wettervorhersage gemacht: wir hatten ein Zeitfenster bis ca. 14:00 Uhr um bei zwar marginalem, aber dennoch fliegbarem Wetter nach Süden zu kommen. Und für den Fall der Fälle mussten hinreichend Plätze am Weg liegen, zu denen wir jeweils sicher zurückkehren können, sollte das Wetter sich doch schneller verschlechtern als vorhergesagt. Angesichts des Windes sollten diese Plätze auch lieber eine längere Piste haben, denn es würde wieder stürmisch und böig. Eines war auch klar: IFR geht nicht, wir mussten VFR fliegen. Bei Nullgrad-Grenze nahe dem Boden und Wolken mit Niederschlag würden wir sofort in Vereisung geraten und das kann die D-ELDS nicht (oder anders: nix deicing). Also war die geplante Route: Hamburg – Magdeburg (mit der Möglichkeit zwischendrin nach Braunschweig oder Schwerin zu flüchten) – Leipzig – Hof – Bayreuth – Nürnberg – Augsburg. Das ist nicht der Mega-Umweg, geht viel über Flachland und hat große Plätze am Weg.
Um 08:00 Uhr sind wir also im Hotel aufgebrochen und waren nach tanken und Flugzeug trocknen recht pünktlich 10:00 Uhr in der Luft. Erstmal Special VFR, weil Hamburg leider nur BKN012 hatte, also 1200 ft Wolkenuntergrenze. Und VFR war gut, gerade als wir im Abflug waren, meldete ein Airliner im Anflug auf Hamburg in den Wolken über uns Moderate to Severe Icing.
Magdeburg hatte 2400 ft gemeldet, Leipzig sogar CAVOK nur Hof war das Sorgenkind mit 800 ft (also VFR nicht fliegbar). Irgendwo vor Magdeburg musste es also aufklaren und wir mussten “nur” bis dorthin durchhalten. Zum Glück ist dort ja relatives Flachland, so dass man auch mit knapp 1000 ft über Grund ganz gut dahin fliegen kann – optisch bei dem Wetter heute zwar trotzdem nicht unbedingt ein Hochgenuss, aber machbar. Angenehm ruhig leider auch nicht, da der Wind schon in Hamburg recht frisch geblasen hatte und die “Reibungsschicht” dann immer etwas turbulent ist. Die knapp 100 NM bis Magdeburg haben sich dann doch ganz schön gezogen, immer so in Ameisenkniehöhe rumkrebsen bei nicht gerade berauschender Sicht und immer mal wieder Nieselregen ist durchaus anstrengend.
Kurz vor Magdeburg wurde es immerhin wie versprochen besser und wir konnten bis weit hinter Leipzig bei Sonnenschein in angenehmer Höhe fliegen – allerdings auch mit deutlich mehr Turbulenz. Zwischenzeitlich hatte auch Hof zeitweise 1800 ft Wolkenuntergrenze gemeldet, also sind wir weiter geflogen.
Kurz vor Hof stand dann der erste kleine Schauer im Weg. Eigentlich konnte man den gar nicht so richtig erkennen, es war nur etwas trüber als vorher. Das blöde war, dass -2 Grad und Regen eine ungute Mischung sind – sprich das ergibt schönes Klareis. Auf der Frontscheibe dadurch erkennbar, dass die Tropfen einfach festgeklebt bleiben statt nach hinten zu wandern. Auf den Flächen “zerläuft” Klareis wunderbar stromlinienförmig, so dass man irgendwann “nur” ein Gewichtsproblem hat. Zum Glück war der Schauer nicht besonders ergiebig, hat nur gereicht, um die Frontscheibe so mit “Sommersprossen” zu füllen, dass man nicht mehr viel sehen konnte und auf den Flächen waren ca. 1-2 mm Eis. Ich hatte dann gehofft, dass es nach Hof wieder über 0 Grad haben würde und das Zeug wieder abtaut, was auf der Scheibe dank Heizung auch recht schnell ging. Aber an den Flächen war das Eis erst kurz vor Augsburg wieder weg – pünktlich vor einem Schneeschauer bei Donauwörth…
Nach Hof ging es dann über Bayreuth und durch die Kontrollzone von Nürnberg weiter. Ab Nürnberg wurde die Turbulenz dann noch etwas heftiger und der Wind deutlich böiger. Ausserdem mussten wir einen kleinen Wettlauf mit den von Westen heranziehenden Schauerstaffeln machen, die immer näher kamen und uns in Donauwörth dann eingeholt hatten. Dort war ein kleiner Schneeschauer und ich dachte schon, wir müssten in Donauwörth kurz landen. Aber kurz hinter der Donau war es dann doch wieder etwas heller und wir konnten doch noch bis Augsburg weiter fliegen. Die Landung war bei 22 in Böen 32 kt Wind trotzdem recht ruhig (“halber Gust-Faktor schneller” dann klappts auch ganz ordentlich). Nach Murphy kam natürlich kurz vor der Landung eine ordentliche Böe, das war aber kein Faktor.
Etwa 10 min nach der Landung war dann der Schnee auch in Augsburg und als wir nach Hause gefahren sind, habe ich auf dem Radar gesehen, dass kein durchkommen mehr wäre ab Leipzig. Sprich: Wetterfenster genau abgepasst. Fazit: Wie schon eingangs gesagt: grenzwertig. Aber dennoch hat es den fliegerischen Horizont erweitert: gute Planung zahlt sich aus, auch bei VFR kann es mal Icing geben, In-Flight-Wetter ist gerade bei VFR das Wichtigste was man braucht (wenn mal kein Severe CAVOK ist).